Fassung für Posaune und Streichquartett op. 22k bis a
Aufführungsdauer: ca. 11 Minuten
Uraufführung: April 2011 im Musikverein (Brahms-Saal) durch Ian Bousfield und das Küchl-Quartett
Fassung für Posaune mit Streichquintett oder Streichorchester op. 22k bis b
Notizen zum Werk:
Es mag Zufall sein, dass der Komponist René Staar inmitten der Vorstudien zu einem Werk für Ian Bousfield (dem Soloposaunisten der Wiener Philharmoniker) und das Küchlquartett auf ein Gedicht Gustav Mahlers stieß, das in einem seiner Briefe an Alma zu finden ist. Die erste Zeile des Gedichts enthält jene sechs Worte des Werktitels, hier allerdings mit drei Punkten am Anfang und dazwischen aufgefüllt. Dadurch soll das Mysterium jenes Themas angedeutet werden, das zur Komposition dieses Stücks geführt hat: das Thema Liebe.
Zufall ist ferner, dass die Komposition zwischen den beiden Mahler-Jubiläums-Jahren entstand: der 150. Wiederkehr seines Geburtsjahres und der 100. Wiederkehr seines Sterbejahres, also 2010/11. Und geradezu unwahrscheinlich mag jener Umstand anmuten, dass der Komponist inmitten der Arbeit an dem Stück seinem ehemaligen Studienkollegen, dem Dirigenten Daniel Nazareth, nach langer Zeit in New York wiederbegegnete, und dieser ihm selbstkomponierte Mahler-Lieder zeige, dessen drittes eine Vertonung desselben Mahler-Gedichts ist.
Kein Zufall ist jedoch die Fragestellung, die diesem Stück zugrundeliegt und eine Verbindung zu den Gedichtfragmenten herstellt: Ist Liebe eine Illusion oder etwas Reales? Zersetzt nicht das Chaos des Lebens im 21. Jahrhundert das alte Ideal der Liebe? Können wir Liebe als solche überhaupt wahrnehmen und wenn, wie teilt sich diese mit?
So ist ein Stück entstanden, das ganz in der Welt eines Individuums aufgeht, das aus seiner Perspektive heraus die Liebe als eine immer neue Erfahrung begreift, die aus dem Chaos des Lebenskampfs emporsteigt.
Rein musikalisch gesehen bewegt sich das Stück in immer neuen Situationsblöcken hin zum ausdrucksvollen langsamen Schluss (der Engel steigt herab), der den angestrebten Gehalt dieses Stücks ausdrückt. Im Grunde ist das Stück ein langsamer homophoner fünfstimmiger Satz, der jedoch von Anfang an durch verschiedene Situationen gestört wird und sich erst zu dem entwickelt, was er sein will. Der Komponist hat nicht die Liebe an sich und deren Erfüllung in den Mittelpunkt gestellt, sondern eher die Sehnsucht nach dem, wofür die Vokabel Liebe synonym steht. Jedoch ist es auch ein sehr persönliches Stück, das auch das Scheitern, die Unordnung, das Chaos, das Versagen, vielleicht auch das »sich versagen« mit ins Kalkül zieht.
Letztlich ist es auch als Fragment eines größeren Projekts zu sehen, vielleicht als langsamer Satz eines zukünftigen Posaunenkonzerts. (René Staar)