»pour mes amis Tibor Kováč et Kent Nagano«
Besetzung: für Solovioline und großes Orchester
Aufführungsdauer: ca. 16 Minuten
Uraufführung: am 26. Mai 2002, durch Tibor Kováč und das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin, Dir. Peter Hirsch, im SFB-Sendesaal, Berlin (Zyklus »Musik der Gegenwart«)
Notenmaterial: ECA Nr. 11004 Partitur (Ausschnitt, Pdf)
Erhältlich über: Edition Contemp Art (Verlagsgruppe Hermann)
Goldschmiedgasse 10, 1010 Wien
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Hörprobe:
René Staar - La Fontaine de Sang op. 22b |
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(Mitschnitt der Uraufführung)
Das Werk entstand parallel zur Metropolitan Midnight Music op. 22d und den 6 Skizzen für Streichquartett Versunkene Träume op. 22c in zwei Schüben. 1992/93, unmittelbar nach dem Ableben meines Vaters, wurde ich – um meine Trauer besser zu bewältigen – von einer geradezu hektischen Kompositionstätigkeit ergriffen. Als Konzertstück in traditioneller Sonatenform konzipiert, wurde die Lektüre von Baudelaires Gedicht La Fontaine de Sang aus den Fleurs du Mal (Die Blumen des Bösen) letztlich zur Quelle der Umarbeitung in ein der symphonischen Dichtung nahestehendes Stück. Dieser neue Ansatz führte jedoch erst 2001 zur Vollendung des Werks, nachdem Kent Nagano mich gebeten hatte, ein Stück für Tibor Kováč zu schreiben, den er für ein Konzert in Berlin mit dem Deutschen Symphonie-Orchester einladen wollte.
Das Bild dieser Blutquelle, aus der das Herzblut strömt, wurde zum Ausgangspunkt für eine Komposition, die im wesentlichen sonatensatzartig wie ein Konzertsatz mit eingebauter Solistenkadenz gebaut ist, ohne jedoch mit einer großen Orchestereinleitung zu beginnen. Das Werk ist in seiner Aussage hochexpressiv und setzt die Linie der wichtigen Stücke fort, die der Entwicklung seiner Akkorddispositionstheorie dienen, und die mit … ich bin es, ohne dass es mir gleicht ... op. 19 im Jahr 1987 begonnen wurde.
Charles Baudelaire:
LA FONTAINE DE SANG
Il me semble parfois que mon sang coule à flots,
Ainsi qu’une fontaine aux rhythmiques sanglots.
Je l’entends bien qui coule avec un long murmure,
Mais je me tâte en vain pour trouver la blessure.
Àtravers la cité, comme dans un champ clos,
Il s’en va, transformant les pavés en îlots,
Désaltérant la soif de chaque créature,
Et partout colorant en rouge la nature.
J’ai demandé souvent à des vins captieux
D’endormir pour un jour la terreur qui me mine;
Le vin rend l’œil plus clair et l’oreille plus fine!
J’ai cherché dans l’amour un sommeil oublieux;
Mais l’amour n’est pour moi qu’un matelas d’aiguilles
Fait pour donner à boire à ces cruelles filles!
DIE BLUTFONTÄNE
Mir scheint, zuweilen rinnt mein Blut in Wellen,
Wie Schluchzer rhythmisch aus Fontänen quellen.
Ich hör es lange murmelnd weiterhasten,
Versuch umsonst die Wunde zu ertasten.
Die ganze Stadt durchfließt es in Gerinnseln,
Aus Pflastersteinen macht es kleine Inseln,
Es löscht das Dürsten jeder Kreatur
und rötet allerorten Wald und Flur.
Nur einen Tag, so bat ich oft den Wein,
Betäub die Ängste, welche an mir zehren;
Doch Wein macht Aug und Ohr besonders fein!
Vergessen konnte Liebe nicht bescheren;
Mit Nadeln ist das Lager mir gespickt,
Grausame Mädchen werden dort erquickt!
{Übersetzung: Monika Fahrenbach-Wachendorff}
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