»Für Pierre Boulez in großer Dankbarkeit für seine Inspiration und Anregungen«
Besetzung: für Flöte, 3 Klarinetten, 2 Hörner, Klavier, 3 Violinen, 2 Violen und Violoncello
Aufführungsdauer: ca. 9 Minuten
Uraufführung: am 16. Juni 2009 im ASC durch das EWC unter der Leitung von Pierre Boulez
Erschienen bei Edition Contemp Art (Verlagsgruppe Hermann),
erhältlich über www.schott-music.com
Bestellnummer: VGH 1744-12 (Partitur)
Bestellnummer: VGH ### (Aufführungsmaterial, leihweise)
Notizen zum Werk:
Das Buchstabenzitat ist im Unterschied zum musikalischen Thema (das vor allem in der Variationstechnik der klassisch-romantischen Musik eine große Rolle spielt) eine Formel, die meist auf nur wenige Töne zusammengedrängt wird. Ausgehend von der Kunst der Wiener Schule wird das Zitat vor allem als Motto verwendet. Alban Bergs Kammerkonzert verwendet beispielsweise die musikalisch verwertbaren Buchstaben der Namen Arnold Schönberg (also A–D–Es–C–H–B–E–G), Anton Webern (A–E) und Alban Berg (A–B–E), die dann in einer Reihe, die für das Konzert strukturell bestimmend ist, aufgehen.
Man kann mit großer Gewissheit sagen, dass die Wiener Schule damit eine ganz eigene Tradition begründet hat, die vielfach in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts fortgesetzt wurde, so auch in der Komposition Messagesquisse von Pierre Boulez, die Paul Sacher gewidmet ist. Boulez verwendet die Buchstaben Es–A–C–H–E–R, wobei er das R französisch als Re, also zu deutsch D liest, und erweitert damit das Vokabular des Buchstabenzitats.
In meinem Hommagenzyklus op. 14 treibe ich das Zitatenspiel auf die Spitze: Die ersten Werke der Sammlung, Ständchen und Sitzchen für Ernst Krenek zum 85. Geburtstag, entstanden 1985 und komponieren den kargen Tonschritt E–Es–E aus, im Ständchen für Solovioline horizontal, im Sitzchen für Klavier vertikal. Inzwischen sind fast ein Dutzend weitere Kompositionen entstanden, so die Bagatellen auf den Namen György Ligeti (1989-1996) für Klavier und das Improvisationsstück Jam Session »for Fritz« (1997), das Friedrich Cerha gewidmet ist. Die verwendeten musikalischen Buchstaben werden in jedem Stück durch eine der ganzen Sammlung gleichbleibende harmonische Grundstruktur ergänzt. Generell aber sind alle Ton-Muster in vertikaler, also harmonischer Art in diesem Zyklus zu lesen, auch wenn sie einen reihenähnlichen Verlauf nehmen.
P. B. forever verwendet die musikalischen Buchstaben des Namens Pierre Boulez, also E–Re (D)–B–E–Es, kombiniert in französischer und deutscher Schreibweise. Daher erhält man für die Kompositionsstruktur sowohl Drei- als auch Vierklänge. Auffallend dabei ist, dass für die Komposition die Quart B–Es (bzw. deren Umkehrung als Quint Es–B), aber auch der Tritonus E–B zentrale Bedeutung erlangen.
Im ersten Teil des Werks, einer Art Wechselspiel zwischen Bläsern und Streichern, das in einer »Quasi-Kadenz« des Klaviers endet, wird dieser Kontrast deutlich. Während die Bläser im forte von der offen dargebrachten Quart-Quint-Konstellation geprägt sind, verdecken die Streicher dies im pp durch bewusst gewählte Intervallumstellungen der Harmonik. Die Kadenz des Klaviers mischt dann Quarten mit Tritoni.
Im großen Zusammenhang stellt sich das Werk als groß angelegtes Rondo dar, wobei der Anfang als Ritornell in verschiedener Gestalt immer wiederkehrt, bis hin zur Auflösung der rhythmischen Struktur am Ende. Die anderen Teile des Werks werden vor allem durch die Vorstellung verschiedenartiger mehrdimensionaler Reliefs geprägt, die sich durch die Instrumentation, die Dynamik, aber auch durch Rhythmik oder Tempi klanglich voneinander abheben.
P. B. forever ist das bislang größtbesetzte Stück in op. 14: es wurde für ein Kammerensemble mit 13 Instrumentalisten geschrieben. Gewidmet ist es Pierre Boulez, der es am 16. Juni 2009 im Arnold Schönberg Center in Wien selbst aus der Taufe hob.