»Julia Bungardt-Eckhart in großer Dankbarkeit«
(Texte aus den Gesprächsblättern Franz Kafkas, verfasst im Sanatorium in Kierling, wo er die letzten beiden Monate seines Lebens zubrachte)
Besetzung: für Mezzosopran, Flöte, Klarinette, Streichquartett und Klavier
Aufführungsdauer: 7‘18“
Werknotiz:
Am vorletzten Tag seines Lebens, am 2. Juni 1924, verfasste Franz Kafka einen Brief an seine Eltern: sein letztes schriftliches Zeugnis. Sprechen konnte er aufgrund der Kehlkopftuberkulose, unter der er litt, nicht mehr. Insbesondere seit seiner Einlieferung in ein Privatsanatorium in Kierling bei Wien kommunizierte mit Hilfe von Gesprächsblättern, die vom schmerzvollen Sterben eines außergewöhnlichen Menschen und Schriftstellers eindrücklich Zeugnis ablegen. 13 dieser dokumentierten ‚vorletzten‘ Äußerungen bilden die Grundlage für das vorliegende Stück. Sie lauten in der Reihenfolge ihres Erscheinens:
1 Mich strengt heute das Reden an.
2 Haben Sie eine Augenblick Zeit? Dann bespritzen Sie bitte die Pfingstrosen ein wenig.
3 Und die wunderbaren Erinnerungen an Gießhübl, […] einem wunderschönen kleinen Waldort bei Karlsbad.
4 Sehen Sie den Flieder, frischer als ein Morgen.
5 Ich bin schon so vergiftet, dass der Körper die reine Frucht schon kaum verstehen kann.
6 Irgendwo in den heutigen Zeitungen ist eine ausgezeichnete kleine Notiz über die Behandlung gepflückter Blumen, so schrecklich durstig sind sie, noch so eine Zeitung
7 wie viel Jahre wirst Du es aushalten? Wie lange werde ich es aushalten, dass Du es aushältst?
8 Wenn ein Weilchen still ist, bin ich froh.
9 Das Schlimme ist, dass ich nicht ein einziges Glas Wasser zu mir nehmen kann, ein wenig sättigt man sich auch an dem Verlangen.
10 Wo ist der ewige Frühling?
11 Wie wunderbar das ist, nicht? der Flieder – sterbend trinkt er, sauft er noch.
12 Jedes Glied müde wie ein Mensch.
13 So geht die Hilfe wieder ohne zu helfen weg.
Quelle: Franz Kafka, Briefe 1902–1924, hrsg. von Max Brod, Frankfurt am Main: Fischer, 1966.